Thailand

Thailand: Der König ist tot – Es lebe der König!

Die Thais können es noch immer nicht fassen. Auch ein Jahr nach dem Tod von seiner Majestät BHUMIBOL ADULYADEJ (in thailändischer Aussprache: Pum-mi-pon Ah-Dun-Ja-Ded) sitzt der Schock und die Verzweiflung bei vielen Thailändern tief. „Wie geht es in Thailand weiter?“ ist die Frage, die ich immer wieder höre. Vor fast genau einem Jahr verstarb der geliebte König nach vielen Jahren Aufenthalt im Krankenhaus, bereits abgeschottet von der Öffentlichkeit, am 13. Oktober 2016. Ganz Thailand war im Schock! Für viele Thais war ihr geliebter König ihr „Ein und alles“, er hatte sie ein Leben lang begleitet, ihnen Kraft und Stärke gegeben. Er war viel mehr als nur eine Symbolfigur eines Herrscherhauses. Er war es, der verhindert hatte, dass das Land kommunistisch wurde, das es besetzt wurde, verhalf dem Land zu wirtschaftlichem Aufschwung und wann immer es Katastrophen oder Unruhen im Land gab war er zur Stelle um zu helfen und zu vermitteln. Und dann das Unfassbare. Allein gelassen zu werden in einer Zukunft, die für sie ungewiss ist und keiner weiß wie es weiter geht. Viele thailändische Tageszeitungen und Banken trugen „Trauer“ – im wahrsten Sinne des Wortes und hatten schwarz-weiße Seiten geschaltet, aus Respekt für ihren verehrten Rama IX, der für das Volk Thailands symbolisch „über allem steht“, und wohl auch in Zukunft in den Gedanken und im Herzen der Menschen über allem stehen wird.

Die symbolische 9 als Zeichen für Rama IX, den neunten König von Thailand, trugen viele Thais als Zeichen ihrer Trauer.

Am 26. Oktober, Donnerstag, wurden dann die eigentliche Einäscherung vorgenommen und gleichzeitig wurde dieser Tag zum offiziellen Feiertag erklärt. Die Zeremonie selber war ein beispielloses Ereignis. Ein eigens dafür errichtetes, prunkvolles, königliches Krematorium wurde im Sanam Luang Park in Bangkok errichtet, an dem seit November letzten Jahres gearbeitet wurde. Insgesamt handelt es sich um einen Komplex mit insgesamt neun Gebäuden, verziert mit unzähligen mystischen Figuren und neun Türmen. Mystische Fabelwesen werden die schloßähnlichen Gebäude flankieren. Eine der auffälligsten Skulpturen ist der 2,75 Meter hoher Hindu-Gott Narayana, der auch einige deutliche Gesichtszüge des verstorbenen Königs aufweist. Basierend auf traditionellen Überzeugungen ist der König ein Avatar von Narayana. Alles zusammen schätzt man die Trauerfeier auf 75 Millionen Euro.

DAS SCHAU ICH MIR GENAUER AN…

Ich habe am Donnerstag Nachmittag den Versuch unternommen und mich auf den Weg zum Sanam Luang Park gemacht, sehr wohl bewusst, dass gegen späten Abend der Höhepunkt der Zeremonie, die Einäscherung stattfinden sollte. Zunächst mal hatte ich das Problem, das der Sanam Luang Park nicht mit dem Skytrain (BTS) zu erreichen ist. Auch die Taxifahrer wollten dort nicht vorbeischauen. Angeblich waren dort zusätzliche 2,2 Millionen Thais versammelt, die dem König ein letztes Lebewohl sagen wollten oder auf die abendliche Veranstaltung warteten. Nach einer halben Stunde fand ich einen Fahrer, der mich zumindest an den Rand des sehr, sehr weiträumig abgesperrten Bezirks Bangkoks fahren wollte – zu einem „Schäppchenpreis“. Aber da verhandelt man plötzlich nicht mehr… Der Weg dorthin war ein Dauer-Stop-And-Go. Durch Bangkok City ging es erstmal im Eiltempo, denn die Stadt, um diese Uhrzeit immer hektisch und voll, war völlig ausgestorben. Die Thais, die nicht oder bereits Abschied von ihrem König genommen hatten, saßen vor den Fernsehern. Auf ALLEN Fernsehsendern in Thailand lief die gleiche Übertragung der Zeremonie: Der Leichnam des verstorbenen Monarchen wurde von der königlichen Residenz, dem großen Palast, zum königlichen Krematorium im Sanam Luang Park in einer riesigen Prozession überführt.


Die Menschen in schwarzer Kleidung bildeten eine dunkle Spur am Rand der Straßen, über die bereits am Morgen die Prozession begann. Die Parade selbst war im Kontrast dazu äußerst bunt gehalten. Das fing schon mit der Militärkapelle an, die mit knallroten Uniformen aufmarschierte. Sie spielte einen getragenen Trauermarsch, dessen Rhythmus zusammen mit der tropischen Hitze die Zuschauer für die kommenden zwei bis drei Stunden in einen fiebrigen Dämmerzustand versetzte. Auf den Köpfen trugen die Soldaten hohe Puschelhelme, und das nicht nur in Schwarz, sondern teilweise auch in einem dunklen Türkis, in Blau oder sogar in Pink. Mit synchronisierten Minischritten tasteten sich die Soldaten über den Asphalt vor. In Abständen erschütterten zeremonielle Kanonenstöße das Gebiet direkt neben dem Großen Palast, der jetzt ehemaligen Königsresidenz. Der wichtigste Teil der Prozession war gekommen, als der vergoldete Streitwagen mit der Sandelholz-Urne von dem benachbarten Großen Palast zum Krematorium geführt wurde. Der Wagen wurde von mehr als 200 Männern an roten Tauen gezogen. Allerdings war die Urne nur symbolisch, da Bhumibols Leichnam bereits zuvor zum Krematorium gebracht worden war. Obwohl die Innenstadt wie ausgestorben war, bin ich mit dem Taxi nicht mal in die Nähe des Sanam Luang Park gekommen. Und irgendwann ging nix mehr – gar nix mehr. Aus dem Taxi bin ich dann raus, als die erste Straßensperre uns in eine komplett andere Richtung umleiten wollte. Da stand ich da, mitten im Stau, 8-Spurig, irgendwo… egal, ein „Moto-Cy“ musste her, die Harakiri-Version eines Motorrad-Transport-Service in Thailand. Nach rund einer viertel Stunde hatte ich einen Fahrer gefunden, der dann auch tatsächlich wie der Henker gefahren ist. Gab an diesem Tag sicher noch mehr Thais mit einem Todeswunsch.

… ODER AUCH NICHT

Am königlichen Palast angekommen bin ich dann den Rest zum Krematorium  bzw. Sanam Luang Park gelaufen. Eine fast unendliche Schlange aus schwarz gekleideten Thais in 10er Reihen hatte sich um das Gelände gebildet. Ich hab davon ein Video gemacht, aber irgendwann ist mir der Arm fast eingeschlafen, da die Schlange nicht aufhören wollte. Vom selber anstellen habe ich aus zwei Gründen abgesehen:  erstens hätte es Stunden gedauert bis ich rein gekommen wäre und drinnen wurden militärisch nach Kommando Blumen vor einem Bild des Monarchen in eine Schale gelegt. 1.Vortreten! 2. Blume hinlegen! 3. Grüßen! 4. Abtreten! Und wieder von vorne – stundenlang. Ich hatte zwar dunkle Kleidung angezogen mit langer Hose, aber habs im Fernsehen gesehen und das hätte ich so nicht gewollt. Aber anders wären die Massen nicht „abzufertigen“ gewesen. Und zweitens wurde darum gebeten den Thais den Vortritt in der Schlange zu lassen, sprich sich erst gar nicht als „Farrang (Ausländer) anzustellen, um „ihrem“ König das letzte Lebewohl sagen zu können.

Am Abend wurde dann das Gelände abgesperrt und das Feuer vom Sohn, dem neuen König von Thailand, entzündet. Es war ein langer Abend, viele gekrönte und ungekrönte Vertreter vieler Nationen waren erschienen um an der Zeremonie teilzunehmen. Sie alle schüttelten dem neuen König später im königlichen Palast alle die Hand. Der 50 Meter hohe Scheiterhaufen ist nach den königlichen und buddhistischen Ritualen in Schutt und Asche versunken. Die sterblichen Überreste selber wurde dann am Sonntag in mehrere Urnen verteilt und an verschiedene Kloster gebracht,  in einem war Bhumibol zum buddhistischen Mönch geweiht worden.

EIN NEUES KAPITEL

Damit wird offiziell ein neues Kapitel in der Geschichte der Monarchen Thailands aufgeschlagen: Maha Vajiralongkorn (64) wird der neue Herrscher in Thailand. Der alte König hatte seinem Sohn bereits in den 70ern die Nachfolge versprochen. Offiziell gekrönt ist der neue König noch nicht, da auch er das Trauerjahr eingehalten hat und um Aufschub der Amtsgeschäfte gebeten hat.

Ich bin viel in Thailand unterwegs und möchte hier wahrscheinlich auch zukünftig noch willkommen sein. Alles andere als Bewunderung und Ehrfurcht für das Königshaus in Thailand sind untersagt, bei Androhung von 15 Jahren Haft. Daher sage ich mal nix weiter zu dem dem neuen König, außer dass ich ihm nur das Beste für die Zukunft wünsche. Den Rest kann jeder selber googeln 🙂